Manchmal kann ich mich nicht mehr halten vor Lachen, wenn irgendein Afrikaner wieder mal etwas Unerwartetes und für Europäer vollkommen Ungewohntes tut. Hier in Kikondo lebe ich nochmal viel enger mit den offenen und geselligen Afrikanern zusammen und komme immer wieder in den Genuss von komischen, unerwarteten, lustigen und manchmal nervigen Situationen.
Einige Beispiele gefällig?
Ein schöner, warmer Abend in Kikondo: Sarina und Michelle kaufen sich frische Bananen zum Abendessen und geniessen sie auf der Veranda. Nach wenigen Minuten schlendert der 21-jährige Herbert vorbei. Er sichtet die Bananen, schnappt sich eine, schält sie und – verdrückt sie! Er frisst unsere Bananen! Hallo! Ohne mit der Wimper zu zucken! Ohne zu fragen! Ohne zu danken! Ich traue meinen Augen kaum!
Ein anderer junger Afrikaner namens Michael leiht sich meinen iPod aus. Am Abend klopft es plötzlich an unserer Tür. Michael steht da, streckt mir den iPod unter die Nase und sagt: „Charge!“ (de. Aufladen!) Auf das „Hallo“ oder das „Bitte“ oder das „Danke, dass ich deinen iPod ausleihen durfte“ habe ich vergeblich gewartet.
Es ist gerade Mittagspause und ich erledige verschiedene Dinge in meinem Zimmer. Plötzlich steht ein Afrikaner mitten im Zimmer, in seiner Hand ein afrikanischer Besen. Bevor ich überhaupt verwirrt sein kann, robbt er schon über unseren Boden und putzt. Also 1.: Ich habe nicht gesagt, dass du reinkommen darfst?! 2. Mag ich es komischerweise nicht wirklich, wenn jemand meine Unterhosen aus dem Weg räumt . 3. Kann ich meinen Dreck selber putzen. Und 4. Wieso hörst du nicht auf, wenn ich sage du sollst aufhören?! Ich war nicht wirklich glücklich über diese Situation und habe recht bestimmt gesagt, dass er aufhören soll. Das hat leider nichts genützt und am Ende musste ich sogar ein bisschen schmunzeln über diese komische Situation.
Endlich ist Mittagszeit und es gibt, wie könnte es anders sein, Posho (Na ihr wisst schon, der Brei, der nach Erde schmeckt) Hungrig hole ich mein Essen und setzte mich hin. Bevor ich aber mit essen anfangen kann, kommt einer der Lehrer zu mir, knallt mir eine Avocado vor die Nase und sagt: „You cut for me and I eat!“. Ja, natürlich schneide ich dir deine Avocado und du kannst sie dann essen! Wieder einmal keine Freundlichkeit, geschweige denn ein „Bitte“. Ich habe beschlossen, ihn einfach zu ignorieren. Nach einer Weile schaut er seine ungeschälte Avocado an und fragt mich verwirrt: „Have you failed, cutting the Avocado?“ – Nein Alter, ich habe es nicht verkackt!Ich habe nur auf ein „Please“ gewartet. Schlussendlich habe ich ihm die Avocado geschnitten und hatte auf jeden Fall danach etwas zum Lachen.
Ich hoffe, dass ihr auch nur ein bisschen verstehen könnt, wie unglaublich komisch und lustig solche Situationen manchmal sein können. Wenn ich die Afrikaner allgemein beschreiben müsste, würde das wie folgt aussehen (natürlich sehr verallgemeinert!):
Sie sind extrem offen. Jeder, der vorbeiläuft wird gegrüsst und gefragt, wie es ihm geht.
Wenn sie irgendwo jemanden sehen, der auch nur ein kleines bisschen arbeitet (oder eigentlich ist es auch egal wenn er überhaupt nicht arbeitet und nur rumchillt), sagen sie: „well done!“, also „gut gemacht!“
Was man daraus auch erkennen kann, ist eine extreme Wertschätzung. Egal, wie hart du arbeitest, wie gut du arbeitest oder ob du überhaupt arbeitest – es wird unglaublich wertgeschätzt.
Die Offenheit und Herzlichkeit der Afrikaner ist echt krass. Man fühlt sich total willkommen und ist nach einer Minute „Best friends“ .
Leider habe ich aber das Gefühl, dass die Gespräche und die Freundschaften nicht sehr viel weiter gehen als „Well done“ oder „How are you?“. Ich konnte noch mit fast keinem Afrikaner ein echt tiefes Gespräch führen.
Die Afrikaner sind sehr offen und herzlich, aber Höflichkeit ist ein Fremdwort. Wenn du also jemals einen Ugander „Bitte“ sage hörst, kannst du dich glücklich schätzen!
Sie sind oft nicht sehr Visionär oder Unternehmenslustig. Sie würden am liebsten einfach in Europa sein, denn da wäre alles besser...
Sie sind Ereignis-orientiert und nicht Ziel-orientiert. Wenn irgendwo etwas Spannendes geschieht, lassen sie alles stehen und liegen.
Ihre Erziehung ist sehr autoritär und nicht wirklich liebevoll.
Sie sind echte Herden-Tiere. Hobbys wie lesen usw. haben sie nicht. 100% ihrer freien Zeit (und meistens auch etwa 80% ihrer Arbeitszeit) verbringen sie damit, mit Leuten zu quatschen. Wenn man durch die Dörfer läuft, sieht man vor jedem Haus Leute sitzen, die sich unterhalten und die Gemeinschaft geniessen.
Sie sind extrem grosszügig! Gerade auch was das essen betrifft...
Essen ist ihnen sehr wichtig. Wenn man eingeladen ist, werden jedes Mal Unmengen an Essen aufgetischt. Und ich würde dir raten immer weiter zu essen, auch wenn du voll bist... ;)
Alles in Allem habe ich diese herzlichen und geselligen Menschen total in mein Herz geschlossen. Es ist extrem spannend, diese neue Kultur zu erforschen und manchmal einfach laut los zu lachen über witzige Afrikaner-Eigenschaften.
Ich hab euch sooooo lieb, Mukuanos (Freunde auf Luganda)!!!